Fußball überregional
Gelassen ins WM-Jahr

18:40 Uhr

Gelassen und in sich ruhend: Martina Voss-Tecklenburg, Bundestrainerin. Foto: Boecker
Zu einer Art Frühsport hat der Deutsche Fußball-Bund geladen. Die Bundestrainerin sollte bereits bei der FIFA zugeschaltet sein, als die digitale Medien-Fragestunde vor den Länderspielen in Sittard am Karfreitag gegen die Niederlande und in Nürnberg gegen die Brasilianerinnen 30 Minuten überschritten hat. Die Einleitung war, dass der DFB zu gegebener Zeit über ein weiteres Vertragsverhältnis mit seiner WM über die bevorstehende Weltmeisterschaft hinaus informieren wird. Das wird dann nur noch eine Vollzugsmeldung sein.
Ein anderer Abschied vollzieht sich, und das kann Monika Voss-Tecklenburg nicht gefallen, auch wenn sie die Beweggründe akzeptiert. „Dzsenifer Marozsán gehört zu den besten fünf Spielerinnen, die der DFB je hatte“, sagt die Bundestrainerin, die mehrmals mit der Spielmacherin telefonierte, deren Teilnahme an der Europameisterschaft in England an einem Kreuzbandriss scheiterte.
Mit der Rücksicht auf ihre Verletzungshistorie begründete Dzsenifer Marozsán, inzwischen in den USA aktiv, ihren Rücktritt. „Wir möchten sie gebührend verabschieden“, sagt Monika Voss-Tecklenburg und verspricht dem langjährigen Aushängeschild einen Einsatz am 11. April gegen Brasilien. Drei Tage später wird Dzsenifer Marozsán 31 Jahre alt und, was die DFB-Auswahl betrifft, Fußball-Rentnerin sein, nach dann 112 Länderspielen.
Die Erwartungen bleiben hoch. Die Vize-Europameisterschaft im vergangenen Jahr birgt auch eine Fallhöhe. Daher sind Martina Voss-Tecklenburg Gegner wie die folgenden wichtig. „Die Niederländerinnen betreiben ein hohes Pressing“, weiß sie – und über Brasilien sei sie besonders froh, weil es bei der Weltmeisterschaft im Sommer gegen Kolumbien geht, ein Team mit ähnlicher Spielanlage. Bei der Südamerika-Meisterschaft gewannen die Brasilianerinnen ohne ihre Top-Stars Cristiane und Marta das Finale gegen Kolumbien mit 1:0. Weitere deutsche Gruppengegner sind ab dem 20. Juli Marokko und Südkorea.
In Sittard und Nürnberg wird die deutsche Kapitänin die Regenbogen-Armbinde anlegen. So unwichtig ist das nicht, wenn man das Gezerre der Männer um ein Textilstück betrachtet, das als Mitursache für das WM-Aus gilt. Bei ihrer Weltmeisterschaft werden sich die deutschen Frauen mit solchen Fragen nicht belasten. Die FIFA habe Armbinden vorgegeben, die ohne Muskelspiel über den Bizeps passen sollen. In Australien und Neuseeland, sagt die Bundestrainerin, sei die Situation in Sachen Toleranz auch nicht so arg wie in Katar. Außerdem werde sich das liberale Ausrichter-Duo einiges an Aktionen einfallen lassen.
Und dann wird auch die Tinte unter einem ausverhandelten Vertragspapier getrocknet sein.
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