Wort zum Sonntag
Gerda und Frieda
Meine Jacke ist weg! Wie sieht sie denn aus? Hell. Hier ist doch eine. Mit deinen Handschuhen drin. Das sind nicht meine Handschuhe. Bist du sicher? Frieda setzt sich auf ihren Rollator und schätzt die Lage ein. Gerda schaut noch einmal alles durch. Die beiden wirken, als seien sie schon seit fünfzig Jahren beste Freundinnen. Sie kennen sich aber erst seit fünf Monaten. Wohnen Tür an Tür. Altersgerecht mit Fahrstuhl. Sie machen weis, dass alles geht, selbst mit neunzig: Beste Freunde geben dir vernünftigen Rat. Beste Freunde lassen nicht zu, wenn du dich selbst geißelst, begegnen dir mit Fürsorge, wenn dir Stress zusetzt. Gerda und Frieda ziehen heimwärts, Gerda mit fremder Jacke. Nützt ja nichts. Bei der Kälte. Frieda macht Gerda klar, dass sie sich jetzt selbst die beste Freundin sein muss. So geht’s, wenn es heißt: Liebe deine Nächste wie dich selbst, denn sie ist wie du. Übrigens: Die Jacke ist wieder da! Die, die sich vertan hat, kommt angeprescht und entschuldigt sich vielmals, noch auf dem Heimweg. Siehste, sagt Frieda, nu is allns woller guud.
Pastorin Ina Brinkmann, Wesselburen
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